5. März 2012

Die Velovignette ist Geschichte!

In Zukunft entfällt das alljährliche ankleben der Velovignette, denn die Haftpflichtversicherung ist nun einfacher geregelt worden. Mit der Schweizer Eigenheit der Velovignette und der früheren Velonummer verbindet mich aber auch eine alte Geschichte.

Nun ist es endlich soweit, dass wir Radfahrer mit einem alten Zopf aufhören können: Ab diesem Jahr übernehmen die Privathaftpflichtversicherungen allfällige von Velofahrern verursachte Haftpflichtschäden. Damit ist die Versicherung mit der wohl billigsten Jahresprämie der Schweiz endgültig Geschichte.

Die Velovignette am Rahmen.
Nun entferne ich in meiner Werkstatt bei Gelegenheit die Vignetten bei jedem der zehn Velos meiner Familie. Aber zur Erinnerung lasse ich an meinem ältesten Velo die Vignette auch in Zukunft dran. Im Zusammenhang mit der Velovignette und der Vorgängerin, der Velonummer aus Leichtmetall, kommt mir immer wieder eine Geschichte in den Sinn, welche sich vor 37 Jahren zugetragen hat:

Damals, als 14-jähriger Schüler war ich frisch dem Radrenn-Club Bern beigetreten und ich bestritt in dessen Farben meine ersten Radrennen. In meiner anerzogenen Sparsamkeit kam es mir nie in den Sinn, für meine damals zwei oder drei Velos je eine Velonummer zu kaufen oder die Eltern darum zu bitten. Wenn ich wie zu dieser Zeit oft vom Schulvelo aufs Rennvelo zum Trainieren wechselte, schraubte ich auch die Velonummer um.


Velonummer aus Leichtmetall wie sie von
den 50er- bis Ende der 80er-Jahre aussah.
Einmal verabredete sich kurzfristig ein Clubkollege mit mir um an einem schulfreien Nachmittag gemeinsam mit dem Rennvelo zu trainieren. Zeitlich war ich etwas knapp dran und prompt vergass ich die Velonummer umzuschrauben, was ich aber unterwegs vorerst nicht bemerkte. Unsere Route führte von Bern über Zollikofen, Münchenbuchsee Richtung Lyss, auf der Hauptstrasse wohlverstanden, denn damals war der Verkehr noch viel weniger dicht.

In Bundkofen, auf einem breiten Vorplatz an der Hauptstrasse, gerieten wir dann in eine grosse Polizeikontrolle. Der Beamte prüfte den Zustand unseres Velos und ob wir auch die Velonummer montiert hatten. Dass meine fehlte, bemerkte ich erst, als der Polizist danach fragte. Mit 14 Jahren war ich noch zu jung um eine Ordnungsbusse zu erhalten. So notierte er alle Angaben mit dem Hinweis, dass dieser Rapport nun ans Jugendgericht gelangen wird. Nach etwa zehn Minuten durften wir weiterfahren, aber ich hatte für den Rest der Tour ein mulmiges Gefühl, da ich die Welt nicht mehr verstand.

Zuhause erzählte ich den Vorfall meinen Eltern und sie zeigten Verständnis für meine Vergesslichkeit in meiner Eile. Nach etwa drei Wochen erhielten meine Eltern Post vom zuständigen Jugendgericht. In einem langen Schreiben wurde mein "Tatbestand" noch einmal ausführlich beschrieben und den Beschluss des Jugendgerichts mitgeteilt: Mir wurde ein Verweis erteilt mit der "Androhung von weiteren Massnahmen im Wiederholungsfall".

Meine Eltern als Kleingewerbler ärgerten sich mit diesem Schreiben in den Händen masslos über diesen Amtsschimmel! Seither vergass ich aber auch nie mehr die Nummer umzuschrauben: An jedem Velo ohne Nummer klemmte ich als Gedankenstütze eine Wäscheklammer an ein Bremskabel am Lenker.

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